Was bedeu­tet es eigent­lich Escort zu sein?

von Mia | 18/05/2022 | BETTGEFLÜSTER

Über die Antwort auf diese Frage habe ich in den letzten Jahren viel nachge­dacht und bin nun zu dem Schluss gekom­men, dass es für mich an der Zeit ist einen kleinen Artikel darüber zu schreiben:

Escort hat mit dem Besuch eines Bordells wenig gemein.

In einem Bordell geht es um Sex – käufli­che Liebe und die Befrie­di­gung der sexuel­len Triebe. Triebe – dieses Wort verwende ich in diesem Kontext ganz gewählt. Beim Escort geht es vielmehr um die Befrie­di­gung der sexuel­len Bedürf­nisse und die Erfül­lung von sexuel­len Fanta­sien. Escort Damen sind Musen und Inspi­ra­tion für die Sexua­li­tät. Hier geht es nicht um den Geschlechts­akt an sich, sondern um die Bedeu­tung und die Verhei­ßun­gen der Erotik. Es geht um etwas Echtes, um echte Erfah­run­gen und um die Erwei­te­rung des sexuel­len Horizontes.

Aber wie beschreibe ich das Ganze? Wie finde ich die richti­gen Worte?

Vor einiger Zeit bin ich auf einen Roman gesto­ßen, der mich in seinen Bann gezogen hat:

Das Delta der Venus – von Anais Nin.

Die Beschrei­bun­gen von Erotik und Sexua­li­tät haben mir in manchen Passa­gen einfach aus der Seele gespro­chen! Jeder Satz kann allein für sich schon als starkes Zitat gesehen und verstan­den werden. Aber was macht ein erfül­len­des und eroti­sches Sexual­le­ben aus und welche Aspekte davon kann der Escort bedie­nen? Meiner Meinung nach ist es die vielschich­tige Leiden­schaft, welche Nin so wunder­bar zu beschrei­ben weiß:

»In der Eintö­nig­keit kann Sexua­li­tät nicht gedei­hen, nicht ohne Gefühl, Einfälle, Launen, Überra­schun­gen im Bett.«

Das kann die Sexua­li­tät tatsäch­lich nicht.. wachsen und gedei­hen ohne angeregt zu werden, ohne neue Nahrung zu bekom­men. Denn dann verliert die Sexua­li­tät nach und nach an Substanz und irgend­wann verschwin­det sie vermut­lich komplett – wie sie es in so vielen lieblo­sen Bezie­hun­gen tut oder in zu tiefer Einsamkeit.

Aus diesem Grund ist es so essen­ti­ell die sexuelle Fanta­sie anzure­gen. Denn die Sexua­li­tät braucht ausrei­chend Zündstoff, um nicht abzustumpfen.

»Das sexuelle Gesche­hen muss sich mit Tränen mischen, mit Geläch­ter, mit Worten, Verspre­chun­gen, Szenen, Eifer­sucht, Neid, allen Gewür­zen der Angst, der Reisen in ferne Länder, der neuen Gesich­ter, der Romane, Geschich­ten, Träume, Phanta­sie­ge­bilde, der Musik, des Tanzes, des Opiums, des Weins.«

Erneut beschreibt Nin treffend, was es für ein ausge­füll­tes Sexual­le­ben alles braucht. Es geht bei der Sexua­li­tät nämlich nicht nur um den Sex, sondern um viel mehr. Es geht vor allem um eine leiden­schaft­li­che, ausge­füllte Art zu leben, welche alle Spektren bedient: Reali­tät, Fanta­sie, Fiktion, Emotion und Genuss (um nur einige zu nennen).

Das ist es, wonach ich suche und das ist es, was ich anderen mitge­ben will.

»Lassen Sie alles Poeti­sche weg. Keine Haut hat die gleiche Textur, wie die andere, immer wieder ändert sich die Beleuch­tung […] Das Geschlecht­li­che verliert alle Macht und Magie, wenn es überdeut­lich, übertrie­ben und mecha­nisch darge­stellt, wenn es zur fixen Idee wird. Es wird stumpfsinnig.«

Außer­dem geht es um den Kontext und um die Abwechs­lung. Nin geht sogar soweit und spricht von Magie – etwas, das man weder begrei­fen, noch erklä­ren oder erfas­sen kann.

Anais Nin spricht mir in vieler­lei Hinsicht aus der Seele. Während des Lesens habe ich häufig innehal­ten müssen, um nachzu­den­ken, was Sexua­li­tät, Leiden­schaft, Erotik und auch Liebe für mich bedeu­ten. Dabei ist mir (unter anderem) auch noch klarer gewor­den, warum ich so leiden­schaft­lich gerne als Escort arbeite:

Es sind die Abwechs­lung, die Verhei­ßung und eben diese Magie der Erotik, die meinen Beruf so spannend für mich machen. Und diese Abwechs­lung, diese Verhei­ßung und diese Magie erlebe ich nicht nur für mich selbst. Ich erlebe Sie auch mit meinen Kunden, welche vielleicht genauso empfin­den wie ich und auch eben diese Form der Lust und der Sexua­li­tät in ihrem Leben suchen und die wir gemein­sam in unseren Abenteu­ern finden.

Das bedeu­tet es Escort zu sein.

Man ist gleich­zei­tig Inspi­ra­tion und Muse, ein Objekt der Begierde und die Begeh­rende. Man gibt und empfängt das Feuer der Leiden­schaft, lebt seine Fanta­sie aus und hilft anderen beim Ausle­ben der eigenen Fanta­sie. Man ist nichts Alltäg­li­ches sondern sucht Erfül­lung im Einzig­ar­ti­gen. Und jeder Kontakt ist einzig­ar­tig, jeder Sexual­part­ner etwas Beson­de­res. Und so mischt sich in meinem Leben als Escort das sexuelle Gesche­hen mit allem: Mit Tränen, mit Geläch­ter, mit Worten, Verspre­chun­gen, Szenen… allen Gewür­zen der Angst, der Reisen in ferne Länder, der neuen Gesich­ter, der Romane, Geschich­ten, Träume, Phanta­sie­ge­bilde, der Musik, dem Tanz und dem Wein. Das tut es teilweise tatsäch­lich und teilweise in der Fanta­sie – und immer ist es eine Berei­che­rung und eine Inspi­ra­tion, sowohl für mich als auch für meine Kunden.

»Mehr als durch irgend­ei­nen Menschen meiner Bekannt­schaft haben wir durch Sie erfah­ren, wie falsch es ist, das Geschlecht­li­che von der Emotion, dem Hunger, der Lust, der Begierde, von Stimmun­gen, Launen, persön­li­chen Bindun­gen zu trennen, die seine Farbe, seinen Geschmack, seinen Rhyth­mus, seine Identi­tät verändern.«